Die besondere Bedrohung unserer Hunde durch DCM
Gedanken zum Thema von Sabine und Patric Buschhoff
Laut Statistik der Tierärzte stehen die Neufundländer an dritter Stelle von allen Hunderassen, was das Auftreten von Herzerkrankungen anbelangt.
Folgende Erkenntnisse können wir heute als wissenschaftlich abgesichert ansehen:
- DCM ist ein unheilbarer, stetig fortschreitender Prozess, der durch Medikamente bestenfalls zu verlangsamen ist. (Beim Menschen ist DCM die Hauptursache für Herztransplantationen!)
- DCM ist für den betroffenen Hund tödlich. - Immer!
- Für diese Krankheit sind erbliche Dispositionen verantwortlich.
- Die Krankheit wird im Laufe des Lebens erworben , d.h. wenn die Dispositionen für den Erwerb der DCM vorhanden sind, wird sie im Laufe seines Lebens ausgebildet, obwohl der Welpe mit einem gesunden Herzen zur Welt gekommen ist. (siehe Definition "erworbene Erkrankungen")
- Die fortschreitende Herzmuskelschwäche (dilatative Cardiomyopathie - DCM) wird in Deutschland in den meisten Fällen erst im Alter von 3 bis 5 Jahren entwickelt.
- Am häufigsten betroffen sind männliche Neufundländer.
- Wenn Hunde klinische Symptome zeigen, ist die DCM bereits nicht mehr im Anfangsstadium (Schweregrad 2 bis 3). (siehe Einteilung der Schweregrade)
Auch wenn im Alter von ca. 18 Monaten bei der (Doppler-Sonar-)Untersuchung vom Herzspezialisten keine Herzerkrankung festgestellt wird, bedeutet das noch lange nicht, dass der Hund Zeit seines Lebens von der Ausbildung einer DCM verschont bleiben wird. Es kann durchaus passieren, dass der Hund mit 18 Monaten die Untersuchung ohne Befund verlässt und im Alter von 4 Jahren eine DCM entwickelt hat.
Der Hund stirbt oftmals nicht an Herzversagen, sondern an sekundären Erkrankungen (weil z.B. das Immunsystem geschwächt ist), die ein herzgesunder Hund überleben würde.
Die tatsächliche Todesursache wird oftmals nicht bekannt, d.h. es gibt eine hohe Dunkelziffer. Die Gründe hierfür sind mannigfaltig .
In der Staistik der Tierärzte steht der Neufundländer an dritter Stelle von allen Hunderassen, was die Häufigkeit von Herzerkrankungen anbetrifft und ihre durchschnittliche Lebenserwartung liegt laut dieser Statisik bei etwa sieben Jahren.
(siehe auch Beitrag über DCM von Dr. med. vet. Marianne Skrodzki und Nicole Sameluck )
Die folgenden Aussagen über DCM basieren auf wissenschaftlichen Untersuchungen, sind aber noch nicht vollkommen bewiesen:
- DCM ist eine familiär bedingte Erbkrankheit bei den Neufundländern, der wahrscheinlich ein autosomal dominanter Erbgang zu Grunde liegt. (siehe auch "Vererbung der DCM")
- Verschiedene Formen der DCM können auf Mangelerscheinungen zurückzuführen sein. Durch Anreicherung der Nahrung mit dem Stoffen Taurin, L-Carnitin und Magnesium kann eventuell(!) die Ausbildung einer DCM verhindert werden.
Wenn es tatsächlich der Fall ist, dass der DCM ein autosomal dominanter Erbgang zu Grunde liegt (und es deutet sehr viel darauf hin), dann bedeutet es, dass ein DCM - kranker Hund dies an 50% seiner Nachkommen vererbt.
Man muss also die herzkranken Hunde aus der Zucht nehmen.
Doch wie ermittelt man die betroffenen Neufis?
Da die Krankheit häufig erst zwischen dem 4. und dem 6. Lebensjahr entwickelt wird, ist es erforderlich, im fünften Lebensjahr eine Wiederholungsuntersuchung beim Kardiologen durchführen zu lassen. Selbst wenn es Pflicht würde, alle Zuchthunde mit 18 Monaten vor der Zuchtzulassung zu untersuchen, bleibt ein erhebliches "Restrisiko".
Das Problem lässt sich am Beispiel des Einsatzes von Deckrüden besonders gut erörtern.
Die Selektion muss in jedem Fall bei den Deckrüden ansetzen, weil sie den stärksten Einfluss auf die Zucht nehmen - doch wann und wie?
Wenn bei einem regelmäßig eingesetzten Deckrüden erst im Alter von 5 Jahren eine DCM diagnostiziert wird, hat er bereits seine reproduktivste Phase hinter sich! Normalerweise kommen die Rüden mit ca. 2 Jahren zum Einsatz. In einer angenommenen Zeitspanne von 3 Jahren kann er problemlos 100 Nachkommen gezeugt haben. Statistisch gesehen haben 50% seiner Nachkommen die krankhaften Gene erhalten und ein Teil seiner Nachkommenschaft hat sich unter Umständen bereits wieder vermehrt. Bei Championrüden, die verstärkt zum Deck-Einsatz kommen, dürfte sich eine verborgene Herzerkrankung verheerend auswirken.
Diese Ausführungen sollen aber keineswegs bedeuten, dass nur Deckrüden diesbezüglich selektiert werden sollten. Für Hündinnen muß das selbe gelten.
Wir appellieren an alle Besitzer von Neufundländern, ihre Hunde doch von Herzspezialisten untersuchen zu lassen. Dies aus Angst vor der Wahrheit zu unterlassen, hilft niemandem - und den Hunden am aller wenigsten.
Weiterhin ist der Umstand nicht zu ignorieren, dass es sich um einen familiären Erbgang handelt.
Was bedeutet das?
Bei genauer Betrachtung der Neufundländerpopulation in Deutschland (selbstverständlich auch über den Bereich des VDH hinaus) zeigt sich, dass einige "Linien" stark dominieren (Linien = Familien). Ein Großteil unserer Neufis hat einen Verwandschaftsgrad, der vergleichbar ist mit dem Stammbaum der europäischen Adelshäuser (ein klassisches Lehrstück der Genetik für die Verteilung und Übertragung krankhafter Gene in Familien).
Ein Grundsatz der Populationsgenetik lautet: je höher der Inzuchtgrad einer Population ist, desto mehr reduziert sich die Zahl der nicht miteinander verwandten Zuchttiere. Das bedeutet, dass der Genpool kleiner wird und sich gleichzeitig Defektgene verstärkt anreichern. Deshalb wirken sich DCM -belastete Deckrüden fatal aus.
Man kann das Thema Herzerkrankungen jedoch nicht isoliert betrachten. Vor dem Hintergrund der immer noch ungelösten HD-Problematik und weiteren erblichen Skeletterkrankungen (ED/OCD) sowie sonstigen Erbkrankheiten (Cystinurie, PRA, etc.) ist ein modernes Zuchtmanagement dringend angeraten. Deckobergrenzen, verbunden mit einer verpflichtenden Herzuntersuchung für alle Zuchthunde im dritten und einer Wiederholungsuntersuchung im fünften Lebensjahr, wären ein bescheidener Anfang. Darüber hinaus müssten natürlich auch die Nachzuchten untersucht werden. Wirklich effektive Maßnahmen wären eine konsequente Unterbindung jeglicher Formen der Eng- und Linienzucht sowie die Einführung einer Zuchtwertschätzung. Diese Maßnahmen sind aber wegen des Beharrens auf der sogenannten "züchterischen Freiheit" wohl in Zuchtvereinen nicht durchsetzbar, denn vielen Züchtern scheint es mehr um das Profilieren einer eigenen Linie zu gehen als um den Erhalt der (gesunden!) Rasse auf lange Sicht.
«-- zurück